Corona und deine Finanzen / Oktober 2020

März 2020: COVID-19-Erkrankungen nehmen zu. Die Regierung verhängt Einschränkungen. Die Börse stürzt dramatisch ab. Wie ist die Situation ein halbes Jahr später?

Anfang 2020 hat es sich ja schon angekündigt. In China gingen die COVID-19-Erkrankungen hoch und es wurden drastische Maßnahmen eingeleitet. Städte wurden abgeriegelt, der öffentliche Nah- und Fernverkehr teils eingestellt und Firmen geschlossen.

Einleitung

Bei uns spielte sich das ganze zu dieser Zeit vor allem in der Presse ab. In China gingen die täglichen Erkrankungen nach einer Zeit deutlich zurück. Ende Februar schien es, als hätte man die Sache eigentlich schon im Griff - zumindest den offiziellen chinesischen Zahlen nach.

tägliche Neuinfektionen China Jan-Feb WHO

Doch dann gingen die Infektionszahlen in Europa hoch.

Der Crash

Schulen und Kindergärten wurden geschlossen. Läden, Gastronomie- und Kulturbetriebe wurden geschlossen. Die Grenzen wurden geschlossen. Versammlungen verboten. Und und und.

Fluggesellschaften stellten den Betrieb ein. Auch viele Industriebetriebe machten zu, was einerseits an einer schwächeren Nachfrage lag, andererseits daran, dass der Nachschub aus China ins Stocken geriet.

Millionen wurden in Kurzarbeit geschickt.

Die Politik legte ein Hilfsprogramm nach dem anderen auf. Die Zentralbanken feuerten aus allen Rohren, um die Märkte mit Liquidität zu versorgen.

Aber die Börse crashte. Und wie.

Der DAX hatte seinen Höchstwert am 19. Februar bei 13.789 Punkten und sank bis zum 18. März auf nur noch 8.441,71 Punkte - ein Absturz von fast 39%.

Nicht viel besser sah’s beim S&P 500 aus: -34%.

Selbst die Technologie-Aktien im NASDAQ verloren 30%, obwohl diese ja eher weniger von COVID-19 betroffen sind.

Absturz DAX SP500 NASDAQ

Der Ölpreis stürzte ins Bodenlose. Kurzzeitig gab es sogar einen negativen Preis. Da bekam ein Käufer 40 $, wenn er ein Fass Öl kaufte. Ja, richtig gehört: das Öl war nicht nur umsonst, man bekam noch Geld dafür. Blöd nur, dass die Lager alle voll waren und auch die Tanker so gut wie ausgebucht waren…

Erst als sich die Erdöl fördernden Länder auf Förderkürzungen einigen konnten, erholte sich der Ölpreis wieder einigermaßen.

Aufschwung an den Börsen

In der zweiten März-Hälfte war der Tiefpunkt erreicht und die Börsen begannen wieder zu steigen – und wie!

Der DAX erreichte fast wieder seinen Höchstwert. Der S&P 500 übertraf sich sogar mit 5,7% und der um NASDAQ 22,8%! Vom Crash ist nun nicht mehr viel zu sehen als eine kleine Staubwolke im Rückspiegel.

COVID-19 China Jan-Feb

Und nicht nur der Laie fragt sich, ob das denn alles noch normal ist.

Also, schauen wir uns doch mal an, warum die Aktienmärkte so nach oben gegangen sind.

Warum die Aktien so schnell stiegen

Hilfsprogramme

Um die wirtschaftlichen Probleme durch den Lockdown abzumildern hat die Politik etliche Hilfsprogramme aufgelegt. Dadurch war es den meisten Menschen möglich, ihr Leben weiter so zu führen, wie sie es gewohnt waren. Ich meine damit: sie konnten weiterhin Geld ausgeben, was die negativen Folgen für die Wirtschaft deutlich abgemildert hat.

In den USA gab es sogar sehr üppige Hilfen: Arbeitslose erhielten dort 600 $ pro Person und Woche. Da im Zuge der Einschränkungen vor allem Geringverdiener ihre Arbeit verloren, hatte ein Großteil der Arbeitslosen in dieser Zeit sogar mehr Einnahmen als zu normalen Zeiten.

Kurz gesagt: Die Politik stabilisierte den Konsum durch großzügige Hilfsprogramme.

Notenbanken

Auch die Notenbanken schossen aus allen Rohren und fluteten die Wirtschaft mit Liquidität. Die Bilanzsumme der EZB stieg von ca. 4,7 Billionen um 1,8 auf über 6,5 Billionen. Die FED weitete ihre Bilanzsumme von 4,2 Billionen Dollar um 2,9 auf 7,1 Billionen aus.
Was passierte mit diesem Geld? Damit wurden vor allem Staats- und Unternehmensanleihen gekauft. Dem Markt wurden dadurch enorme Mengen Geld zugeführt.

Und was passiert mit diesem Geld? Es sucht Rendite. Getrieben davon floss natürlich auch einiges in den Aktienmarkt. Und wenn die Nachfrage steigt, dann steigen die Kurse.

Junge Leute entdecken den Aktienmarkt

Die Banken erlebten in den letzten Monaten einen Kundenansturm wie schon lange nicht mehr. Nein, die Kunden wollten kein Sparbuch eröffnen. Sie wollten an der Börse mitmischen.

Also kam auch von dieser Seite zusätzliches Geld ins Spiel. Steigende Nachfrage, steigende Kurse.

Die wirtschaftlichen Problem treffen eher den kleinen Mann

In der Finanzkrise 2008 waren vor allem Finanzinstitute betroffen. Diese hatten damals einen sehr hohen Anteil am gesamten Aktienmarkt. Zusätzlich hatten Unternehmen deshalb Schwierigkeiten, Kredite zu bekommen. Und die Ursache war ja eine geplatzte Blase am Immobilienmarkt.

Heute ist es eher anders. Die Probleme treffen nun eher die kleineren Unternehmen.

Zum Beispiel die Reisebranche. Nicht, dass es hier nur kleine Unternehmen gäbe. Aber eine TUI oder eine Lufthansa ist halt deutlich kleiner als z.B. die Deutsche Bank (die allerdings auch nicht mehr das ist, was sie mal war…).

Leerer Flughafen wegen COVID-19

Und wenn ein kleiner Hotelier zumachen muss, dann juckt das die Börse eben nicht viel.

Die Menschen haben mehr Geld übrig

Klingt ein wenig paradox. Aber: wer nicht in den Urlaub fährt, hat mehr Geld übrig. Wer im Homeoffice arbeitet, muss keinen Sprit kaufen. Und wer Sprit kaufen muss, spart momentan viel Geld. Tja, da kauft man sich dann halt ein neues iPhone…

Kein Wunder, dass der Aktienkurs von Apple explodierte. Des einen Leid, des anderen Freud.

AAPL 2020-01 bis 2020-09

TINA

Und außerdem: There is no alternative. Wie soll man sein Geld denn sonst anlegen, außer in Aktien?

  • Gold? Erwirtschaftet keinen Ertrag und dient lediglich als Absicherung gegen Inflation.
  • Anleihen? In Zeiten, wo es praktisch keinen Zins mehr gibt - außer bei sehr risikoreichen Schuldnern…
  • Sparbuch? – OK, ein bisschen Spaß muss sein…
  • Immobilien? Sieht im Moment auch nicht so verkehrt aus, da Wohnraum momentan immer noch knapp ist. Aber wie wird die Situation in 5 Jahren aussehen, wenn durch den demographischen Wandel das Angebot für Wohnraum höher wird? Das, was wir seit 2010 in den Arbeitslosenzahlen gesehen haben (mehr Leute gehen in Rente, als neu auf den Arbeitsmarkt kommen), das wird es bald auch bei den Immobilien geben. Das heißt, das Angebot steigt und die Nachfrage sinkt. Gefährlich.

Und Gewerbeimmobilien sind evtl. auch nicht mehr die sichere Investition, wenn man bedenkt, dass durch Home-Office künftig vielleicht weniger Büroflächen benötigt werden könnten.

Also, wer langfristig Geld anlegen möchte, kommt am Aktienmarkt nicht vorbei. Und auch das macht sich in den Kursen bemerkbar.

Ausblick

Prognosen sind schwierig - ganz besonders, wenn sie die Zukunft betreffen. Deswegen kann auch ich nicht voraussagen, wie sich die Börse weiter entwickelt.

Aber hier mal ein paar Szenarien, was in den nächsten Monaten passieren könnte:

  • Die Notenbanken fluten den Markt mit weiteren Billionen. Das würde sich dann zwangsläufig positiv auf Aktien auswirken, selbst wenn die Wirtschaft eher vor sich hindümpeln würde.
  • In den letzten Wochen stiegen die Bilanzsummen der Notenbanken kaum noch. Und seit daher kommt es auch immer wieder mal zu Rücksetzern an der Börse. Ob es hier einen kausalen Zusammenhang gibt, kann ich auch nicht sagen. Vielleicht liegt’s auch einfach daran, dass der Markt generell etwas überhitzt ist.
  • Massenentlassungen? Bis jetzt ist die Arbeitslosigkeit in Deutschland wegen COVID-19 kaum gestiegen. Allerdings geht es vielen Branchen weiterhin schlecht und viele Menschen sind derzeit noch in Kurzarbeit. Im August waren es noch 4 1/2 Millionen Menschen.

    • Die Meldungen in der Presse widersprechen sich teilweise. Auf der einen Seite wird verkündet, dass sich die Wirtschaft schneller erholt als gedacht. Andererseits wird von Firmen berichtet, die Stellenabbau planen.
    • Ein größerer Anstieg der Arbeitslosenzahlen könnte nicht nur dazu führen, dass der Staat mehr Geld braucht - also Steuern oder Sozialversicherungsbeiträge erhöhen muss. Gleichzeitig haben Arbeitslose weniger Geld zum konsumieren - auch schlecht für die Wirtschaft. Und wer noch sein Häusle abbezahlen muss…

  • Tourismus. Dieser steuert in Deutschland 10,7%, in Italien 13%, in Spanien 15% und in Griechenland 20% zum BIP bei. Das heißt, die Mittelmeerländer, die schon vor der Corona-Krise mit wirtschaftlichen Schwierigkeiten zu kämpfen hatten, wurden durch die Corona-Beschränkungen stärker getroffen als z.B. Deutschland. Für Griechenland erwartet der IWF eine Schuldenquote von 200,8% des BIP Ende 2021. Das ist deutlich mehr als zu Hochzeiten der Euro-Krise (172-181%).
  • Wenn die Menschen dringend Geld benötigen, d.h. bei Arbeitsplatz-Verlust, die eigene Firma geht den Bach runter, usw. - dann lösen sie ihre Ersparnisse auf. Bevor das eigene Haus verkauft wird, werden die liquideren Dinge verkauft. Und dazu gehören Aktien (auch Gold). Mehr Angebot und weniger Nachfrage = sinkende Kurse.
  • Auch der Ölpreis mischt in diesem Gemenge mit. Von seinen Tiefständen hat er sich ja schon wieder deutlich erholt, aber von alten Höchstständen ist er immer noch weit entfernt. Das heißt: die Erdölförderer müssen sparen. Das heißt auf der einen Seite: Entlassungen, weniger Investitionen. Und - mal plakativ gesagt - wenn ein Ölscheich durch den niedrigen Preis weniger Einnahmen hat, dann hat er auch weniger Geld, das er ausgeben kann. Und auch das wirkt sich dämpfend auf die Weltwirtschaft aus. Denn es gibt viele Länder, die hohe Einnahmen aus der Förderung von Erdöl erwirtschaftet haben.

Feldweg und dunkle Wolken

Nun, alles in allem bin ich nicht so ganz euphorisch was die nahe Zukunft anbelangt. Wenn aber die Notenbanken ohne Ende Geld drucken, dann wird sich das Geld seinen Weg suchen. Wie heißt es so schön an der Börse: „Never fight the FED“. Wenn die FED den Markt mit Geld flutet, dann kann man eben nicht dagegen anstinken.

Fazit

Mit anderen Worten: ich empfehle weiterhin das, was ich schon die ganze Zeit empfehle. Wenn du etwas für schlechtere Zeiten beiseite legen möchtest - dann kaufe Aktien (gerne auch einen ETF), dies aber regelmäßig. Denn dann kaufst du zu Durchschnittspreisen. Wenn du jeden Monat kaufst, dann macht dir ein Kurssturz nicht viel aus. Du kaufst ja dann weiterhin - nur halt günstiger. Es ist pures Glück notwendig, wenn man den optimalen Kaufzeitpunkt herausfinden möchte. Wenn man regelmäßig kauft, dann wird man zu 99% langfristig davon profitieren. Außer, die Wirtschaft würde komplett abstürzen. Aber dann ist eh Schicht im Schacht...

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