Warum Sprit momentan so teuer ist

Momentan kennen die Spritpreise nur eine Richtung: nach oben. Warum das so ist, ob es so weitergeht, ob der Sprit noch teurer wird und was man tun kann, erkläre ich in diesem Artikel.

Wie immer im Leben sind die Dinge etwas komplexer – es gibt viele Faktoren, die in den Spritpreis reinspielen. Fangen wir also mal mit dem Haupt-Faktor an.

Angebot und Nachfrage

Ganz einfach: steigt die Nachfrage, steigen die Preise – und genau das ist seit einigen Monaten der Fall. Im Frühjahr 2020 (im Corona-Lockdown) wurden Teile der Wirtschaft und der Verkehr dramatisch heruntergefahren, was die Nachfrage nach Öl extrem einbrechen ließ. Die Folge waren stark sinkende Preise. Kurzzeitig war der Ölpreis sogar negativ, d.h. man bekam sogar noch Geld dafür, wenn man Öl kaufte. Pech nur, dass fast alle Lager voll und die Transportkapazitäten ausgeschöpft waren…

Die niedrigen Ölpreise in 2020 hatten dann natürlich auch Auswirkungen auf die Erdöl-Industrie:

  • Die Erdölkonzerne machten Milliarden-Verluste und mussten natürlich sparen. So wurden unrentable Förderungen eingestellt und die Exploration von neuen Vorkommen stark reduziert. Das heißt, das Angebot ging allmählich zurück.
  • Außerdem waren die Erdöl fördernden Länder unter Zugzwang – ihnen brachen ja die Einnahmen weg. Also schlossen sie sich zusammen und vereinbarten Kürzungen bei den Fördermengen. Dies zeigte sich dann auch schnell in steigenden Preisen. Und dieser Aufwärtstrend dauert bis heute an.

Und jetzt steigt auch die Nachfrage wieder an.

Die Wirtschaft erholt sich schneller als gedacht, also wird wieder mehr Öl benötigt. Das treibt die Preise. Das Angebot steigt zwar auch: so weitet die OPEC+ die Fördermenge etwas aus, aber nicht so viel wie benötigt wird.

Gleichzeit ist momentan Kohle und Gas knapp (und damit auch teuer). Deshalb werden überall dort, wo es möglich ist, diese durch Öl ersetzt. Das treibt zusätzlich die Preise.

Außerdem kommt noch ein weiterer Faktor ins Spiel: saisonale Schwankungen. Im Oktober ist Rohöl traditionell am teuersten, während Öl im Dezember und Februar meist günstiger zu haben sind. Das sind aber durchschnittliche Werte, dieses Jahr kann alles anders sein. Jedenfalls: wir haben nun Oktober, es wird langsam kalt auf der nördlichen Erdhalbkugel. Und wer seinen Öltank noch nicht gefüllt hat, ist jetzt gezwungen, das Öl zu kaufen – koste es, was es wolle.

Ölpreis Schwankungen

Rohöl wird in Dollar notiert. Nachdem der Euro gegenüber dem Dollar seit Anfang 2021 an Wert verliert, bekommt man für einen Euro nun weniger Dollar. Somit steigt der Ölpreis in Euro etwas stärker als in Dollar. Auch das ist ein Faktor, der sich bemerkbar macht.

Und bis jetzt haben wir nur übers Rohöl gesprochen, beim Sprit kommen noch ganz andere Sachen dazu. Nämlich die Steuern:

Steuern

Als da wären

  • Energie-Steuer
  • Mehrwert-Steuer
  • CO2-Steuer

Sprit-Steuern

Die CO2-Steuer ist neu. Seit 2021 werden für eine Tonne CO2 25 Euro aufgeschlagen. Das hebt den Benzinpreis um etwa 7 Cent, den Dieselpreis um etwa 8 Cent pro Liter. Das ist eine Sache, die sich seit diesem Jahr bemerkbar macht.

Dann gibt es noch die Energie-Steuer. Bei dieser handelt es sich um einen fixen Betrag pro Liter – bei Super 65 Cent, bei Diesel 47. Das ist zwar ein großer Posten beim Spritpreis, aber keiner, der den momentanen Anstieg erklärt.

Bleibt noch die Mehrwertsteuer. Diese ist prozentual. Wenn also der Ölpreis steigt, dann steigt auch der MwSt-Betrag proportional an. Je höher der Ölpreis, umso mehr kassiert der Staat.

Ach übrigens: die neu eingeführte CO2-Abgabe wird ebenso mit MwSt belegt – genauso wie übrigens auch die Energie-Steuer…

Das heißt: steigt die CO2-Abgabe, steigt gleichzeitig auch der MwSt-Betrag.

Das sind alles Faktoren, die in Summe für den derzeitigen Anstieg verantwortlich sind.

Wie geht’s jetzt weiter?

Prognosen sind immer schwierig, vor allem, wenn sie die Zukunft betreffen. Folgende Dinge kann man in Betracht ziehen:

  • Die Wirtschaft wächst momentan schneller als im ersten Lockdown gedacht, wird aber gebremst durch Lieferschwierigkeiten von Rohstoffen und Computer-Chips. Wenn dieser Knoten gelöst ist, könnte es mit dem Energiebedarf noch deutlich weiter nach oben gehen. Steigende Nachfrage – steigende Preise.
  • Oder es geht so wie beim Klopapier letztes Jahr: Wird etwas knapp, versucht jeder, so viel wie möglich noch zu ergattern und auf Lager zu nehmen. Die Knappheit beschleunigt sich dann. Dies könnte auch in der Wirtschaft der Fall sein; dass Unternehmen jetzt mehr bestellen, als sie bräuchten, weil immer die Gefahr besteht, sie kriegen nichts. Später, wenn dann genug Güter verfügbar sind, dann werden die Bestellungen wieder reduziert. Weniger Produktion – weniger Transport – weniger Energiebedarf – sinkende Nachfrage. Ob das so kommt, keine Ahnung.
  • Durch den hohen Ölpreis ist es momentan sehr lukrativ, neue Ölvorkommen zu erschließen. Dies führt dann in der Regel zu einem höheren Angebot in der Zukunft.
  • Der Flugverkehr wird schrittweise geöffnet. So wird es ab November z.B. viel einfacher, wieder in die USA oder nach Australien zu fliegen. Auch das wird die Nachfrage nach Öl weiter erhöhen.
  • Viel wird auch davon abhängen, was die Erdöl fördernden Staaten machen. Werden sie das Angebot weiter knapp halten? Werden manche Länder vielleicht ausscheren, um bei dem hohen Ölpreis so viel wie möglich zu verkaufen? Tja – hinterher wird man’s wissen.
  • Die CO2-Abgabe wird sich in den nächsten 4 Jahren jedenfalls verdoppeln, das wurde so beschlossen. Das heißt, Sprit wird dann nochmals um 8 bis 9 Cent pro Liter teurer.
  • Steigende Spritpreise sorgen dafür, dass Elektro-Autos attraktiver werden (wobei der Strompreis momentan ebenfalls steigt). Wenn der Anteil von E-Autos kontinuierlich steigt, dann hat dies natürlich auch Auswirkungen auf die Nachfrage – weniger Nachfrage nach Sprit, mehr Nachfrage nach Strom. Nur, in welchem Ausmaß, ist dann die Frage.
  • Dieses und nächstes Jahr gehen die letzten Atomkraftwerke vom Netz. Wenn im Gegenzug die erneuerbaren Energien nicht schnell genug ausgebaut werden, sinkt hier also auch hier die Produktion und die Nachfrage ist vielleicht höher als das Angebot, was den Strompreis verteuern würde.

Generell kann man aber sagen, dass der Ölpreis schon immer Zyklen unterworfen war. Erst wird produziert wie wild, das Angebot ist höher als die Nachfrage, dann bricht der Ölpreis ein, dann wird die Förderung gekürzt, worauf es dann zu einem knappen Angebot kommt. Dann steigen die Preise – und das Spiel geht wieder von vorne los.

Schweinezyklus

Was kann man also tun?

Grundsätzlich ist man den Kraftstoffkosten ziemlich ausgeliefert. Man kann höchstens nach Möglichkeiten suchen, Fahrten zu vermeiden bzw. Sprit einzusparen. Aber auch dann wirken sich diese Kosten immer noch auf die Produktion und den Transport von allem möglichen aus, somit verteuert sich alles.

Daher – die Grundregel der Sparsamkeit: sich fragen, ob man etwas wirklich braucht – und im Zweifel eben nicht zu kaufen. Jeder Kilometer, der nicht gefahren wird, jedes Produkt, das nicht produziert und transportiert wird – senkt die Nachfrage nach Öl und wirkt sich daher dämpfend auf den Preis aus. Also, genau genommen handelt man dann sogar für das Gemeinwohl!

Sprit sparen

Wer nicht dringend auf Heizöl angewiesen ist, könnte erst im Zeitraum Dezember bis März kaufen. In der Vergangenheit war’s da immer etwas günstiger. Aber wie gesagt, das muss nicht heißen, dass es immer so ist…

Aber es gibt noch eine weitere Möglichkeit, sich von Spritkosten etwas unabhängiger zu machen – und da merkt man halt wieder, dass ich Ex-Bänker bin. Wenn man z.B. Aktien von Erdöl-Konzernen kauft.

Steigt der Ölpreis, machen diese den großen Reibach, was sich meist auch auf die Dividenden und den Aktienkurs auswirkt. Das heißt, man zahlt auf der einen Seite mehr für Sprit, auf der anderen Seite kommt aber wieder mehr rein.

Öl-Aktien

In der Vergangenheit war das so; das heißt aber nicht, dass das so bleibt. Wenn sich der Umstieg auf Elektro-Autos weiter beschleunigt und die einschlägigen Konzerne den Umstieg auf erneuerbare Energien vergeigen sollten, dann war es wohl doch keine so lukrative Strategie...

Unabhängig vom Sprit könnte man aber auch prüfen, ob man vielleicht in eine günstigere Kfz-Versicherung wechselt.

Auch ein Tankstellenvergleich lohnt sich, allerdings meist nur dann, wenn kein Umweg gefahren werden muss. Aber wenn sowieso mehrer Tankstellen auf dem Weg legen...

Was macht ihr angesichts der hohen Sprit- und Energiepreise? Lasst es mich wissen, ich freue mich auf euren Kommentar.

Navigation

Kommentare

Schreibe den ersten Kommentar zu diesem Artikel: